- Kaja Clara Joo
- Michael Kienzer
- 20.09.—11.10.2023
- Blink of an eye
- opening 20. September 2023, 18h
Auf Einladung von SUSSUDIO treffen eine Künstlerin und ein Künstler aufeinander, um einen spannungsvollen Dialog an der Schnittstelle zwischen Skulptur und Installation zu schaffen.
Die Ausstellung BLINK OF AN EYE vereint neue ortsspezifische Arbeiten von Kaja Clara Joo und Michael Kienzer, um Wahlverwandtschaften und Wechselwirkungen aufzuspüren. Im Vordergrund bei Joo und Kienzer steht das Ausloten von Materialien und physikalischen Kräften. Der Raum verschmilzt mit den sperrigen Gebilden, deren starke Industrieverweise ein diffus prekäres Unbehagen heraufbeschwören, eine postanthropogene Szenerie, in der Menschen nur in ihrer Abwesenheit vorkommen. Während Kaja Clara Joos fotografisch-skulpturale Installation Aluminiumbleche mit Spanngurten schweben lässt, um empfindliche Dualitäten auszuforschen, erzeugen Michael Kienzers präzise gesetzten Materialverbindungen eine formale Irritation, die Ordnungssysteme hinterfragt. Die künstlerische Annäherung der beiden ist geprägt von einer transformativen Flüchtigkeit und schafft ein fragiles Equilibrium, das jeden Augenblick auseinanderzubrechen droht. Der vermeintliche Zerfall ist immer nur einen Wimpernschlag entfernt.
Begleittext zur Ausstellung von Paula Watzl:
„Melted into the surroundings“ – in die Umgebung geschmolzen,
so der Titel einer Werkserie Michael Kienzers und des zentralen Objektes in der Mitte des Sussudio. Diametral zur Schmelze, gleich daneben, ein strenggezurrtes Netz aus Gurten, gespannt von Kaja Clara Joo. Doch auch sie, die eigentlich unkaputtbaren Spanngurte, sind in Auflösung begriffen. Fotogramme zeigen, wie sich Fäden entspinnen und verwirren. Um den Verfall erfassen zu können, muss sich der Besucher, die Besucherin in ungewöhnliche Haltungen begeben und die Installation unterschreiten.
Auch Michael Kienzer geht es um eine, wie er selbst sagt, „Verschiebung“. Bildebenen, die im ersten Moment zueinander irrelevant erscheinen, setzt er so in Beziehung, dass sie in den Collagen nicht nur miteinander funktionieren, sondern sogar neue wertvolle Betrachtungswege eröffnen. Mit einem Wink hat der Künstler für die Ausstellung so auch Collagen gewählt, die sich in Beziehung zur Arbeit von Kaja Clara Joo setzen – schwingt sich da etwa ein Junge von einer Liane? Linien und Bewegungen korrespondieren unaufdringlich, aber klar. So weckt ein mäanderndes Ornament in einer Collage Kienzers beispielhaft Assoziationen zum alten Ägypten. Von eben da stammt auch die Idee zu den gezeigten Wandeditionen von Joo. Festgehalten wurden kleine Momente aus einem nachgestellten altägyptischen Spiel, in dem sich die Mitstreiter mit kunstvollen Griffen zu Fall bringen.
Hier im Raum aber ist nichts zufällig gefallen, sondern alles gewählt platziert. So stoppt der Spielzeug LKW genau im richtigen Moment und kein Gurt verliert seine waghalsige Spannung. Den Künstlern gelingt zweierlei – auf den Raum zu reagieren und aufeinander zu reagieren, ohne sich selbst unterzuordnen. Ein Dialog feinsäuberlich auf die zwei Räume aufgeteilt, oder Moment, was geschieht denn da in der Mitte? Hier zieht sich keine scharfe Grenze, sondern die Praxen überlappen. Michael Kienzers Arbeit schleicht sich unter die Installation von Kaja Clara Joo und für einen Augenblick wird die Nähe der beiden Werke ebenso deutlich wie ihre Unterschiede. „Blink of an Eye“ ist der Titel dieser Ausstellung, in der für einen schnellen Lidschlag Geschlechter- wie Generationenkonflikte irrelevant scheinen. Hier treffen sich die fragilen Balanceakte der Künstler gleichberechtigt, die Werke ergänzen sich.
Joo und Kienzer experimentieren mit der Schwerkraft, loten wiederholt die Grenzen der Physik aus. Kühner Minimalismus trifft auf das Spiel mit der Stabilität, das sich kunsthistorisch bis in den Barock zurückführen lässt. Überhaupt hat hier viel Kunstgeschichte Platz: Plastik, Fotografie, Malerei, Zeichnung – alle Elemente werden bedient, miteinander vermengt und zu Assoziationsketten versponnen – im Ausstellungsraum wie im kollaborativ bespielten Lichtkasten auf der Fassade. „‘Limits‘ is a relative term. Like beauty, it is often in the eye of the beholder“, lautet ein Zitat von Chris Burden, es passt kompromisslos zu Kaja Clara Joo wie auch Michael Kienzer.
Paula Watzl, September 2023
Photos © Kaja Clara Joo
Presse: Parnass Les Nouveaux Riches
At the invitation of SUSSUDIO, two artists will meet to create a compelling dialogue at the intersection of sculpture and installation. The exhibition BLINK OF AN EYE brings together new site-specific works by Kaja Clara Joo and Michael Kienzer to trace elective affinities and interactions. Joo and Kienzer's focus rests on the exploration of materials and physical forces. The surrounding space merges with the bulky sculptures, whose strong industrial references evoke a diffuse unease, a post-anthropogenic scene in which people appear only in their absence. While Kaja Clara Joo's photographic-sculptural installation levitates aluminum sheets with tension straps to explore delicate dualities, Michael Kienzer's precisely placed material constellations create a formal irritation that questions systems of order. The artistic encounter between the two is characterized by a transformative fleetingness, creating a fragile equilibrium that threatens to break apart at any moment. A potential disintegration is always just a blink of an eye away.
Photos © Kaja Clara Joo
Presse: Parnass Les Nouveaux Riches